Hitler-Stalin-Pakt: Gauland käut SED-Geschichtsdogma wieder

21.06.2021

Hitler-Stalin-Pakt: Gauland käut SED-Geschichtsdogma wieder

- Öffentliche Erklärung -

Das Wesentliche am Hitler-Stalin-Pakt ist nicht die Beistandsversicherung und das Postulat, sich nicht gegenseitig zu bekriegen, sondern das geheim gehaltene Zusatzprotokoll, in dem die Aufteilung souveräner Länder unter die jeweilige künftige Herrschaftssphäre beider totalitärer Diktaturen verabredet wurde.

 

Leider weiß das in der Bundesrepublik nicht (mehr) jedes Schulkind. Das liegt auch daran, dass der 23. August 1939 noch nicht im kulturellen Gedächtnis angekommen ist, obwohl er seit 2008 europäischer Gedenktag ist (Black-Ribbon-Day). Dabei war der von Ribbentrop und Molotow unterzeichnete Pakt zwischen einem kommunistischen und einem nationalsozialistischen Herrscher die Voraussetzung für den Beginn des 2. Weltkriegs.

 

Symbolhaft ist der Beginn der folgenden massiven Menschenvernichtung in der Anfangsszene von „Katyn“ (Regisseur Andrzej Wajda) veranschaulicht. Auf sofort einsetzende Zwangsaussiedlungen, Vertreibungen und Deportationen folgte die mörderische Auslöschung eines erheblichen Teils der osteuropäischen Bevölkerung in den „Bloodlands“ (Timothy David Snyder), die vor allem Juden betraf.

 

In der DDR wurde dieser Pakt zwischen einem rechtsextremen und einem linksextremen Diktator so gut wie nie thematisiert. Vor allem das Zusatzprotokoll und der Grenzvertrag blieben tabuisiert. Kam man nicht umhin, ihn anzusprechen, wurde der Pakt in ähnlicher Weise gerechtfertigt, wie es Alexander Gauland am 9. Juni 2021 im Bundestag tat: Stalin habe doch nur die Sowjetunion (ein Völkergefängnis) schützen wollen - als hätte er keine weiteren imperialen Absichten gehegt. In der SED-Lesart habe es sich um ein übliches „Friedensabkommen“ gehandelt. Gauland betont in dieser Rede, dass Stalin „realpolitisch“ betrachtet keine andere Wahl gehabt habe und deswegen richtig entschied. Weil Polen keine sowjetischen Truppen auf seinem Territorium dulden wollte, sei Stalin nur die Option des „Teufelpaktes“ geblieben, die der Sowjetunion „eine kurze Zeit erkaufte“, um damit „gegen den deutschen Angriff besser gewappnet zu sein“. Dabei erwähnt Gauland nicht, wieso Polen eine militärische Besatzungsmacht UdSSR ablehnte und er ignoriert das Zusatzprotokoll, das das Schicksal Polens und der baltischen Länder besiegelte.

 

In der Argumentation Gaulands hätte erst das Verhalten Polens den Pakt für Stalin alternativlos gemacht – Polen würde damit absurderweise mitverantwortlich für den folgenden Vernichtungskrieg sein. Vergleiche: https://dbtg.tv/cvid/7526271

Einer solchen Geschichtsklitterung, die Osteuropäer und Ostmitteleuropäer brüskiert und verletzt, muss entschieden widersprochen werden. Gauland reproduziert damit ein ideologisches, die Rolle der Sowjetunion verklärendes Geschichtsbild, aber keine historischen Tatsachen. Wir denken, dass die unvergleichlich große Schuld, die Deutschland auf sich geladen hat, nicht relativiert wird, wenn man die Rolle Stalins unvoreingenommen und faktengestützt bewertet. Aus einer ahistorischen Betrachtung, die sich - politischen Interessen folgend - der russischen Regierung unter dem ehemaligen KGB-Offizier Putin andienen will, kann kein verantwortungsvoller Umgang mit Geschichte und kein vertrauensvoller und zukunftsweisender Dialog mit unseren europäischen Nachbarn entstehen.

 

Bisher ist uns in der Bundesrepublik kaum eine kritische Reaktion auf diese Rede bekannt - weder seitens der Medien, noch seitens der Parlamentarier oder der Bundesregierung.

 

Unterstützt von Karl-Heinz Baum, Heiligensee Andreas Bertram, Königshain Heidi Bohley, Dresden Tim Bohse, Berlin Dr. Martin Böttger, Zwickau Uwe-Eckart Böttger, Dresden Roland Brauckmann, Dresden Max Dehmel, Berlin Christian Dietrich, Klettbach Dr. Hans Friedel Fischer, Vilnius / Leipzig Lorenz Görig, Potsdam Joachim Goertz, Berlin Steffen Gresch, Karlsruhe Robert Hagen, München Dr. Christian Halbrock, Berlin Kerstin Halbrock, Berlin Marion Hahn, Ennepetal Gerold Hildebrand, Berlin Matthias Hinkel, Leipzig Wolfram Hülsemann, Berlin Almut Ilsen, Berlin Werner Imhof, Mikulášovice Gunter Jähnig, Leipzig Günter Jeschonnek, Berlin Michael Kleim, Gera Freya Klier, Berlin Oliver Kloss, Leipzig Harald Kralik, Saalfeld/Saale Anne Kupke, Halle/Saale Hans-Joachim Laesicke, Oranienburg Rainer Müller, Leipzig Dr. Ehrhart Neubert, Limlingerode/Thür. Hildigund Neubert, Limlingerode/Thür. Bernd Oehler, Meißen Frank Pörner, Leipzig Eva Quistorp, Berlin Hartmut Richter, Berlin Katharina Richter, Berlin Hartmut Rüffert, Frohburg Werner Schulz, Berlin Dr. Eberhard Seidel, Berlin Jutta Seidel, Gräben Andreas Schönfelder, Großhennersdorf Hansjürg Schößler, Berlin Wolfgang Templin, Berlin Florian Tuczek, Leipzig Rolf-Michael Turek, Leipzig Bettina Wegner, Berlin Claudia Wegner, Berlin Gert Weisskirchen, Wiesloch-Baiertal Gunter Weißgerber, Grimma Kontakt: Gerold Hildebrand gerold_hildebrand@yahoo.de