Forsa-Befragung: Mehr an Opposition und Widerstand erinnern
Berlin, 5.11.2025. Aktuelles Meinungsbild zu DDR-Aufarbeitung und Erinnerungskultur vorgestellt
Berlin, 5. November 2025 – Mehr als acht von zehn Berlinerinnen und Berlinern (84 Prozent) sprechen sich dafür aus, Besuche in Gedenkstätten und an Erinnerungsorten der DDR fest in den Lehrplänen der Schulen zu verankern. Das geht aus einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung hervor, die am 5. November im Abgeordnetenhaus vorgestellt wurde. Das Meinungsforschungsinstitut forsa hatte die Befragung im Auftrag des Berliner Beauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (BAB) mit 1643 in Berlin lebenden Personen zwischen 16 und 100 Jahren durchgeführt.
80 Prozent der Befragten ist es wichtig, die Erinnerung an die politische Verfolgung in der DDR lebendig zu halten. 73 Prozent finden, dass der Fokus mehr auf die Erinnerung an Opposition und Widerstand gelegt werden sollte.
Knapp die Hälfte gab an, sich bereits intensiv oder sehr intensiv mit dem Thema DDR beschäftigt zu haben. Befragte mit DDR-Bezug beschäftigen sich lt. der Umfrage deutlich häufiger mit ihrer Vergangenheit (mehr als doppelt so hohe Rate) als Menschen ohne DDR-Bezug. Die Beschäftigung erfolge vor allem über Gespräche im persönlichen und privaten Rahmen durch Familie, Freundinnen und Freunde, Zeitzeugen usw. Nur 16 Prozent gab an, dass der Schulunterricht den ersten Anlass für eine Beschäftigung mit der DDR-Vergangenheit gegeben habe.
Bei der Frage, welche Gedenkstätten, Museen und Erinnerungsorte bereits aufgesucht wurden, zeigt sich ein differenziertes Bild: Den Checkpoint Charlie (76 %), die Eastside Gallery (69 %) und die Gedenkstätte Berliner Mauer (59 %) haben eine Mehrheit der Hauptstädter bereits besucht. Orte wie die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen (29 %), das Stasimuseum (19 %), die Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde (9 %) oder der Lernort Keibelstraße (2 %) wurden hingegen deutlich seltener aufgesucht. Drei Viertel der Befragten zeigten sich vom Besuch in einer Gedenkstätte „emotional berührt“. Und 72 Prozent gewannen durch den Besuch neues Faktenwissen.
DDR als Diktatur
Knapp die Hälfte aller Befragten – darunter deutlich mehr Menschen ohne DDR-Bezug – beschreiben die DDR als „diktatorisch, autoritär oder repressiv“. Ähnlich häufig wurden Begriffe wie „Unfreiheit“ oder „fehlende Demokratie und Meinungsfreiheit“ genannt. Auch wird die DDR von den Befragten als Überwachungsstaat und durch die Tätigkeit der Staatssicherheit geprägt charakterisiert. Nur fünf Prozent der Teilnehmenden ohne DDR-Bezug nannten die DDR fürsorglich, sozialistisch oder sozial gerecht, was bei DDR-geprägten Befragten im 35. Jahr der Wiedervereinigung jeder Vierte tat.
Bekanntheit von Rehabilitierungsmöglichkeiten
54 Prozent aller Befragten haben von den SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen gehört, deren Bekanntheit steigt mit dem Alter der Befragten. Insbesondere bei den über 70-Jährigen waren die Rehabilitierungsgesetze bei 81 Prozent bekannt.
Jubiläen, die im Gedächtnis sind
Als Jubiläen wurden vor allem Mauerfall am 9. November 1989 (46 Prozent) und Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 (zwei Drittel) erinnert, ältere Befragte nannten häufiger auch den Mauerbau am 13.08.1961 und den Volksaufstand am 17. Juni 1953. (bb)
Die Studie steht auf der Webseite des Berliner Aufarbeitungsbeauftragten zum Download zur Verfügung.
Die Bevölkerungsbefragung ist der dritte Teil einer umfassenden Evaluierung der Aufarbeitung der SED-Diktatur im Land Berlin. Sie basiert auf dem Beschluss des Abgeordnetenhauses von Berlin „Aufarbeitung und Folgen der SED-Diktatur evaluieren“ vom 6. Juli 2017. Die beiden ersten Teilstudien zu Maßnahmen für politisch Verfolgte und zum SBZ/DDR-Archivgut in Berlin wurden bereits veröffentlicht.
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